MEDIZINRECHT

Honorarärzte im Krankenhaus: Sind sie sozialversicherungspflichtig?

Niedergelassene Ärzte, die in einem Krankenhaus honorarärztlich tätig sind, werden in dieser Tätigkeit regelmäßig nicht als Selbstständige anerkannt. Sie unterliegen als Beschäftigte des Krankenhauses der Sozialversicherungspflicht. 

Das Bundessozialgericht (BSG) hat am 4. Juni 2019 in insgesamt 11 Fällen entschieden, in denen Ärzte und Krankenhäuser jeweils einen Konsiliar- oder Honorararztvertrag geschlossen haben. Die meisten wurden nach Stunden vergütet. So hat in einem Fall ein Kreiskrankenhaus in Bayern einer Anästhesistin 80,00 € je Stunde im Tagesdienst und 24,00 € je Stunde im Bereitschaftsdienst gezahlt. Sozialbeiträge wurden nicht abgeführt. Hiergegen hatte die Rentenversicherung geklagt. 

Bereits die Vorinstanzen hatten eine abhängige Beschäftigung bereits bejaht. Die Ärzte seien in den Betrieb der jeweiligen Klinik eingegliedert und auch weisungsgebunden. Unternehmerische Risiken – wie bei Freiberuflern üblich – bestünden nicht. 

Lediglich das Landessozialgreicht (LSG) Rheinland-Pfalz hatte der klagenden geriatrischen Rehabilitationsklinik Recht gegeben. Diese hatte mit einem Allgemeinarzt einen Honorarvertrag über freie Mitarbeit geschlossen und ihn gegen Stundenlohn von 25,00 € im Bereitschaftsdienst eingesetzt. 

Im Ergebnis wurden die Revisionen zurückgewiesen. Der Senat stellte fest, dass bei einer Tätigkeit als Arzt eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nicht von vornherein wegen der besonderen Qualität in der ärztlichen Heilkunde als Dienste „höherer Art“ ausgeschlossen sei. Entscheidend sei, ob die Betroffenen weisungsgebunden beziehungsweise in einer Arbeitsorganisation eingegliedert seien. Letzteres sei bei Ärzten und einem Krankenhaus regelmäßig gegeben, weil dort ein hoher Grad der Organisation herrsche, auf die die Betroffenen keinen eigenen, unternehmerischen Einfluss hätten. 

So seien Anästhesisten bei einer Krankenhaus-Operation in der Regel Teil eines Teams, das arbeitsteilig unter der Leitung eines Verantwortlichen zusammenarbeiten müsse. Auch die Tätigkeit als Stationsarzt setzte regelmäßig voraus, dass sich die Betroffenen in die vorgegebenen Strukturen und Abläufe einfügten. Im Leitfall war die Ärztin wiederholt im Tag- und Bereitschaftsdienst und überwiegend im OP tätig. 

Hinzu komme, dass Honorarärzte bei ihrer Tätigkeit ganz überwiegend personelle und sachliche Ressourcen des Krankenhauses nutzen, also nicht anders als beim Krankenhaus angestellte Ärzte vollständig in den dortigen Betriebsablauf eingegliedert seien. Unternehmerische Entscheidungsspielräume seien bei einer Tätigkeit als Honorararzt im Krankenhaus regelmäßig nicht gegeben. 

Ein etwaiger Fachkräftemangel im Gesundheitswesen habe keinen Einfluss auf die rechtliche Beurteilung des Vorliegens von Versicherungspflicht. Sozialrechtliche Regelungen zur Versicherungs- und Beitragspflicht könnten nicht außer Kraft gesetzt werden, um eine Steigerung der Attraktivität des Berufs durch eine von Sozialversicherungsbeiträgen „entlastete“ und deshalb höhere Entlohnung zu ermöglichen. 

Somit verbleibt letztlich nur noch ein kleiner Spielraum für eine selbstständige honorarärztliche Tätigkeit im Krankenhaus, zum Beispiel wenn ein niedergelassener Arzt Apparate und Personal in das Krankenhaus mitbringt, um dort zu operieren. Dies ist aber ein seltener Ausnahmefall, sodass bestehende Honorararztverträge auf Basis dieser Rechtsprechung in Anstellungsverträge umzugestalten sind. Die Dienstverträge können dabei so gestaltet werden, dass eine Befreiung von der Kranken- und Rentenversicherungspflicht aufgrund bereits bestehender Sozialverpflichtungen beantragt werden kann. Im Ergebnis kommt daher die Gestaltung der Dienstverträge der freiberuflichen Tätigkeit sehr nahe.                                           

Quelle: Urteil des BSG v. 04.06.2019 – B 12 R 11/18 R und weitere


Rechtsanwalt Jörg Hohmann
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