COVID-19: Neuigkeiten vom EULAR e-Congress

Jenseits der Vorstellung der EULAR-Empfehlungen zum Management von Rheumapatienten im Kontext der COVID-19-Pandemie und aktuellen Daten aus dem europäischen Register wurden noch weitere Abstracts zu diesem Themenkomplex vorgestellt. Auch wenn Vieles bereits vorab in den Annals of Rheumatic Diseases publiziert wurde und die ersten Ergebnisse des deutschen COVID-19-Rheuma-Registers an anderer Stelle ausführlich besprochen wurden, sei hier unter anderem kurz auf eine separate Analyse aus dem deutschen Register eingegangen sowie auf eine spanische Beobachtungsstudie, die sich speziell mit dem Risiko unter einer laufenden Biologika-Therapie befasste.

In einer der COVID-19-Sessions fasste Xavier Mariette, Paris (Frankreich), den gegenwärtigen Stand zu Studien mit Hydroxychloroquin (HCQ), IL-1- und IL-6-Inhibitoren zusammen. Zur HCQ-Saga mochte er sich nicht mehr ausführlich äußern, von einem relevanten Nutzen kann (zumindest bei bereits infizierten Patienten) aber spätestens nach dem vorzeitigen Abbruch der britischen RECOVERY-Studie nicht mehr ausgegangen werden. Deutlich optimistischer stimmen Beobachtungsstudien zu Anakinra und Tocilizumab bei Patienten mit Pneumonie und Hyperinflammation (teils nur auf Preprint-Servern veröffentlicht), deren Aussagekraft aber limitiert ist – die Ergebnisse der laufenden randomisierten, kontrollierten bleiben abzuwarten. 

Die von PD Dr. Anne Regierer, Berlin, präsentierte Analyse zum Hospitalisierungsrisiko von Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen im deutschen COVID-19-Rheuma-Register schloss 192 Teilnehmer ein (ca. 2/3 Frauen, häufigste Diagnosen rheumatoide Arthritis [RA], gefolgt von Psoriasis-Arthritis [PsA]), Spondyloarthritis [SpA] und systemischem Lupus erythematodes [SLE]), von denen 64 hospitalisiert (33,3 %) und 21 invasiv oder nicht-invasiv beatmet werden mussten (10,9 %), 15 (7,8 %) verstarben. Nicht-hospitalisierte Patienten waren im Mittel jünger, hatten weniger Komorbiditäten, und wurden seltener mit Glukokortikoiden (GK) behandelt. In der Gruppe der hospitalisierten Patienten waren im Vergleich zu nicht-hospitalisierten Patienten häufiger Männer vertreten (42 vs. 32 %), besonders groß war die Differenz bei beatmungspflichtigen Patienten (57 %). In einem multivariaten logistischen Regressionsmodell – adjustiert auf Alter, Geschlecht, wesentliche Komorbiditäten (kardiovaskulär, Lungenerkrankungen, Niereninsuffizienz), früherer/gegenwärtiger Gebrauch von GK oder NSAR, Remission – waren ein Alter ≥65 Jahre (Odds ratio, OR 5,1; 95% KI 2,3-11,4), kardiovaskuläre Komorbidität (OR 2,3; 95% KI 1,0-5,0) und eine vorherige oder aktuelle Therapie mit GK (OR 2,6; 95% KI 1,2-5,4) unabhängig mit einer Hospitalisierung infolge COVID-19 assoziiert. (1)

Wie für COVID-19 generell beschrieben, ist auch bei Rheumapatienten männliches Geschlecht mit einem höheren Risiko für einen schweren Verlauf verbunden. Risikofaktoren für eine SARS-CoV-2-bedingte Hospitalisierung von Rheumapatienten sind ein höheres Alter, kardiovaskuläre Vorerkrankungen und eine Steroidtherapie.   

Eine spanische Arbeitsgruppe um Carlos Gonzalez, Madrid, befasste sich mit dem Risiko von mit bDMARDs oder tsDMARDs behandelten Rheumapatienten, die infektionsbedingt aufgrund COVID-19 hospitalisiert werden mussten. In die retrospektive Analyse gingen 1.668 Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, Psoriasis oder CED und einer b/tsDMARD-Therapie ein (im Mittel 53 Jahre, 52,4 % Frauen, u. a. 23,5 % RA, 16,6 % SpA, 7,4 % PsA), die Mehrzahl war auf einen TNFα-Inhibitor (63,2 %) eingestellt. 19 (1,1 %) dieser Patienten wurden infolge eines schweren COVID-19-Verlaufs hospitalisiert, 4 (21,1 %) verstarben. Die hospitalisierten Patienten waren älter (61 vs. 53 Jahre; p=0,009), ebenso jene, die verstarben (69,5 vs. 53 Jahre). Entgegen den Erwartungen hatten Frauen eine schlechtere Prognose, waren aber im Mittel auch älter (55 vs. 51 Jahre; p<0,001). Bei einem Vergleich der b/tsDMARD-Patienten mit einem Kontrollkollektiv (n=4.601) ebenfalls aufgrund COVID-19 hospitalisierter Patienten zeigten sich keine Unterschiede in Bezug auf Alter und Geschlecht. DMARDs schienen mit einer etwas höheren Mortalität verbunden zu sein, (21,1 vs. 12,0 %), was bei nur 4 verstorbenen Patienten im DMARD-Arm aber eher als Zufallsbefund zu werten sein dürfte. Eine Anti-TNF-Therapie war mit einem geringeren Hospitalisierungsrisiko verbunden (0,6 vs. 2,1 %), diese Gruppe war mit 51 vs. 55 Jahren aber auch jünger (je p<0,001). Auch RA (Cave: n=9) war mit einem erhöhten Hospitalisierungsrisiko assoziiert (2,3 vs. 0,8 %, p>0,025), jedoch waren diese Patienten im Mittel älter (62 vs. 50 Jahre; p<0,001). (2)

Angesichts der geringen Fallzahlen betroffener Rheumapatienten unter b/tsDMARDs sind verbindliche Aussagen schwierig, prinzipiell werden aber die Empfehlungen gestützt, wonach bDMARDs und tsDMARDs im Rahmen der Pandemie nicht abgesetzt werden sollten.

Ausblick: Über einen Verlust der Immuntoleranz bei genesenen SARS-CoV-2-Patienten berichtete Annamaria Paglionico, Rom (Italien). Von 109 Teilnehmern entwickelten 50 % in der Genesungsphase mindestens einen Autoantikörper (häufig mit 28 % LA), was mit einem schwereren COVID-19-Verlauf assoziiert war. Selbst nach Genesung waren bei neu Autoantikörper-positiven Patienten höhere IL-6-Plasmaspiegel nachweisbar. Ob diese Befunde persistieren, soll in einem Langzeit-Follow-up geklärt werden. (3)


Quellen:
1EULAR e-Congress 2020; Abstract CO0004
2EULAR e-Congress 2020; Abstract CO0003
3 EULAR e-Congress 2020; Abstract CO0002