ARTHROSE DER HAND- UND FINGERGELENKE

Bringt Denosumab endlich den Durchbruch?

Bei einer erosiven Arthrose der Hand- und Fingergelenke sind die Therapieoptionen limitiert. Belgische Rheumatologen um Ruth Wittoek, Ghent, untersuchten nun den RANKL-Inhibitor Denosumab, der die Knochenresorption und Osteoklastenaktivität beeinflusst, in einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten über 48 Wochen bei Patienten mit erosiver Handarthrose, die tatsächlich klinisch relevante strukturmodifizierende Effekte aufzuzeigen scheint. Etwas kontroverser dürften zwei weitere Studien diskutiert werden, die von Flavia Cicuttini, Melbourne (Australien), und Kollegen präsentierte METHODS-Studie zu Methotrexat (MTX) bei Handarthrose mit Synovitis sowie eine von Michelle W.J. Heijman, Nijmegen (Niederlande), und Kollegen vorgestellte und parallel publizierte explorative Analyse der LoDoCo2-Studie, die bei Arthrose-Patienten eine präventive Wirkung von Colchicin suggeriert.   

Zunächst zu der bereits zuvor als Late-breaking Abstract auf dem ACR-Kongress 2022 und nun in Mailand erneut vorgestellten belgischen Studie zu Denosumab: In der monozentrischen Studie waren 100 Patienten mit einer erosiven Handarthrose im Verhältnis 1:1 für 48 Wochen entweder auf s.c. Denosumab 60 mg alle 3 Monate (n=51) oder Placebo (n=49) randomisiert worden, gefolgt von einer Open-label-Extension bis Woche 96. Primärer radiologischer Endpunkt war die Veränderung im semiquantitativen Ghent University Scoring System (GUSS™; 0-300) in Woche 24, das bereits über kurze Zeiträume eine erosive Progression (Abnahme) oder auch Zeichen einer Reparatur (Zunahme) detektieren kann. Sekundärer Endpunkt war der Prozentsatz neuer erosiver Gelenke in Woche 48, zusätzlich wurden radiologische und klinische Veränderungen (z. B. Schmerzen, SJC/TJC, Griffstärke und verschiedene Handarthrose-Indizes) nach 48 und/oder 96 Wochen erfasst.

Die mittlere Gesamtveränderung im GUSS™ war in Woche 24 unter Denosumab signifikant höher im Vergleich zu Placebo (Δ8,9, 95% KI 1,0-16,9; p=0,024), noch größer war die Differenz  in Woche 48 (Δ14,3, 95% KI 4,6-24,0; p=0,003). Auch entwickelten sich bis Woche 48 unter Denosumab gegenüber Placebo signifikant weniger neue erosive Gelenke (1,8 vs. 7,0 %, Odds ratio, OR 0,23, 95% KI 0,10-0,50; p<0,001). Nach einer Open-label-Therapie mit Denosumab bis Woche 96 zeigte sich in beiden Gruppen ein fortgesetztes Remodeling, sowohl Schmerz als auch Funktion verbesserten sich gegenüber den Ausgangswerten, ohne dass es zu vermehrten unerwünschten Ereignissen (UE) kam.

Daraus ergeben sich ab Woche 24 deutliche Hinweise auf eine strukturmodifizierende Wirksamkeit von Denosumab mit einer (zumindest bis Woche 96) geringeren Progression von Erosionen und anhaltenden symptomatischen Verbesserungen. Größere Studien zu dem RANKL-Inhibitor wären definitiv  wünschenswert, um diese positiven Effekte zu bestätigen. Hier wird die Herausforderung darin bestehen, vorab Patienten mit hohem Risiko für Erosionen zu identifizieren. (1) 

Kann bei selektierten Patienten MTX doch Sinn machen? 

Die EULAR-Leitlinien zur Arthrose sprechen sich recht eindeutig gegen den Einsatz von DMARDs aus, dies gilt auch für MTX, das zuvor in einer Studie zur erosiven Handarthrose in puncto Schmerzreduktion nicht zu überzeugen wusste. Eine australische Studiengruppe unternahm nun mit der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten, 6-monatigen METHODS-Studie spezifisch zu Handarthrose-Patienten mit Synovitis, einem Phänotyp, der mit Schmerzen und einem progressiven Verlauf assoziiert ist,  einen neuen Anlauf. In der Studie wurden 97 Patienten (im Mittel 61 Jahre, 70 % Frauen) mit symptomatischer Handarthrose und Synovitis im MRT 1:1 für 6 Monate auf 1x MTX 20 mg/Woche oder Placebo randomisiert. Primärer Endpunkt war die Schmerzreduktion (VAS 0-100) in Monat 6, sekundäre Endpunkte waren die körperliche Funktion und Lebensqualität im Australian Canadian Osteoarthritis Hand Index (AUSCAN), Functional Index for Hand Osteoarthritis (FIHOA), HAQ und Michigan Hand Outcomes Questionnaire (MHQ).   

Nach 6 Monaten zeigte sich unter MTX eine stärkere VAS Schmerzreduktion (-15,2 vs. -7,7) sowie im AUSCAN Schmerz (-55,3 vs. -13,5) und Steifigkeit (-14,5 vs. -2,9). Keine klinisch relevanten Vorteile von MTX waren bei den anderen sekundären Endpunkten ersichtlich. In puncto UE waren keine Unterschiede erkennbar (62,0 vs. 59,6 %). Auch wenn die eigentlich  auf zwei Jahre (mit radiologischen Outcomes) angelegte Studie durch die pandemische Lage ausgebremst wurde, überzeugen die Ergebnisse auch dieser gut charakterisierten Kohorte nur bedingt – trotz anderweitiger Schlussfolgerung der Autoren. (2) 

Präventive Wirkung von Colchicin bei Arthrose nachgewiesen

Mehr noch als MTX ist Colchicin in eigentlich allen Studien zur Arthrose (Hand, Knie, Hüfte) sowie einer aktuellen Metaanalyse „durchgefallen“. Daher bot eine explorative Analyse der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten LoDoCo2-Studie doch eine erhebliche Überraschung. In dieser australisch-niederländischen Studie war zuvor mit niedrig dosiertem Colchicin (0,5 mg/Tag) bei 5.522 Hochrisiko-Patienten mit KHK eine signifikante Reduktion des kardiovaskulären Risikos gegenüber Placebo nachgewiesen worden. In der neuen Analyse wurde jetzt untersucht, ob Colchicin einen Einfluss auf die Rate von Knie- und Hüft-TEPs ausübt. Primärer Endpunkt war die Zeit bis zur ersten Knie- oder Hüft-TEP.       

Nach einem medianen Follow-up von 28,6 Monaten wurde bei 68 Patienten der Colchicin- (2,5 %) und 97 der Placebogruppe (3,5 %) eine Knie- oder Hüft-TEP durchgeführt, was einer Inzidenzrate (IR) von 0,90 vs. 1,30 pro 100 Personenjahre (PJ) entsprach (ΔIR -0,40/100 PJ, 95% KI -0,74 bis -0,06; Hazard Ratio [HR] 0,69, 95% KI 0,51-0,95). In Sensitivitätsanalysen zeigten sich ähnliche Ergebnisse, wenn Patienten mit Gicht zu Baseline oder solche mit einer Knie- oder Hüft-TEP in den ersten 3 und 6 Monaten ausgeschlossen wurden. Nach den vorherigen Ergebnissen zu Colchicin verblüffen diese Daten, die auf eine Verlangsamung der Krankheitsprogression und geringere Inzidenz von Knie- und Hüft-TEP hinweisen. Valide Aussagen lässt die Studie nicht zu, weitere Untersuchungen wären auch hier hilfreich. (3, 4)

Quellen:
1   Ann Rheum Dis 2023; 82 (Suppl 1): 48 (OP0071)
2   Ann Rheum Dis 2023; 82 (Suppl 1): 48 (OP0070)
3   Ann Rheum Dis 2023; 82 (Suppl 1): 49 (OP0072)
4   Ann Intern Med 2023; 176(6): 737-742