ACR-Guidance: Empfehlungen zum Umgang mit COVID-19

Ebenso wie die DGRh (und inzwischen auch die EULAR) hat der ACR relativ zeitnah detaillierte, aber naturgemäß provisorische Empfehlungen für US-amerikanische Rheumatologen zum Vorgehen bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen und unter Immunsuppressiva formuliert. Da die von einer aus 10 Rheumatologen und 4 Infektiologen bestehende ACR Task Force um Ted R. Mikuls, Omaha, publizierte Guidance an einigen Punkten von den deutschen und europäischen Empfehlungen abweicht, sei sie hier kurz dargelegt.

Allgemein wird für Rheumapatienten festgehalten, dass das Risiko für schlechte COVID-19-Outcomes primär mit generellen Risikofaktoren wie Alter und Komorbiditäten assoziiert zu sein scheint. Patienten sollten die üblichen Präventionsmaßnahmen („social distancing“, Hygiene etc.) befolgen. 

In einem „shared decision“-Prozess von Patienten und Ärzten sollten selektiv Maßnahmen ergriffen werden, das Potenzial für eine SARS-CoV-2-Exposition in den Praxen zu reduzieren (z. B. seltenere Laborkontrollen, Telemonitoring, größere Intervalle zwischen i.v.-Therapien). 

Glukokortikoide (GK) sollten (so indiziert) in der geringstmöglichen zur Krankheitskontrolle erforderlichen Dosierung eingesetzt werden, sollten aber keinesfalls abrupt abgesetzt werden (beides unabhängig von Exposition bzw. Infektionsstatus). Falls indiziert, sollten ACE-Hemmer oder Sartane in voller Dosis beibehalten oder initiiert werden.  

    

Weiterbehandlung stabiler Patienten ohne Infektion oder SARS-CoV-2-Exposition

Hydroxychloroquin oder Chloroquin (HCQ/CQ), Sulfasalazin (SSZ), Methotrexat (MTX), Leflunomid (LEF), Immunsuppressiva (IS; z. B. Tacrolimus, Cyclosporin, Mycophenolat Mofetil, Azathioprin), Biologika, JAK-Inhibitoren und NSAR können fortgeführt werden (dies gilt auch für IL-6-Inhibitoren bei Patienten mit Riesenzellarteriitis). Auch Denosumab kann weiter gegeben werden, das Intervall kann auf max. 8 Monate verlängert werden, um Patientenkontakte zu reduzieren. Bei Patienten mit anamnestischen organbedrohenden Rheumaerkrankungen sollten IS nicht Dosis-reduziert werden. Bei Patienten mit SLE sollte bei Erstdiagnose HCQ/CQ in voller Dosis initiiert werden, bei Schwangeren sollte HCQ/CQ in gleicher Dosis fortgeführt werden. Belimumab kann, falls indiziert, initiiert werden.

 

Behandlung neu diagnostizierter oder aktiver Rheumaerkrankungen ohne Infektion oder SARS-CoV-2-Exposition

Aktive entzündliche Arthritis: Bei unter HCQ/CQ stabil kontrollierten Patienten sollte dieses fortgeführt werden, bei Nicht-Verfügbarkeit oder bei aktiver bzw. neu diagnostizierter Erkrankung sollte ein Wechsel auf ein anderes csDMARD (als Monotherapie oder Kombination) erwogen werden. Bei unter IL-6-Inhibitoren stabil kontrollierten Patienten sollte dieses fortgeführt werden, bei Nicht-Verfügbarkeit sollte der Wechsel auf ein anderes bDMARD erwogen werden (bezüglich JAK-Inhibitoren in dieser Situation war sich das Panel unsicher). 

Bei mäßiger bis hoher Krankheitsaktivität trotz optimaler csDMARD-Therapie sollte ein bDMARD gestartet werden (in Bezug auf JAK-Inhibitoren war sich das Panel unsicher). 

Bei aktiver oder neu diagnostizierter entzündlicher Arthritis können csDMARDs initiiert oder gewechselt werden. Falls indiziert, können niedrig dosierte GK (≤10 mg/Tag Prednison) oder NSAR initiiert werden. 

Andere rheumatische Erkrankungen: Bei Patienten mit systemischen oder organbedrohenden Erkrankungen (z. B. Lupusnephritis oder Vaskulitis) können Hoch-Dosis-GK oder IS initiiert werden. Bei Patienten mit neu diagnostiziertem Sjögren-Syndrom sollte in Anbetracht mangelnder Daten  zur Wirksamkeit HCQ/CQ nicht gestartet werden.

 

Weiterbehandlung stabiler Patienten nach SARS-CoV-2-Exposition (ohne COVID-19-Symptome)

HCQ, SSZ und NSAR können fortgeführt werden, IS, Nicht-IL-6-Biologika und JAK-Inhibitoren sollten temporär gestoppt werden (bis zu einem negativen Testergebnis oder nach 2 Wochen Symptomfreiheit). Unsicherheit besteht bezüglich des temporären Absetzens   von MTX oder LEF in dieser Situation. Unter bestimmten Bedingungen (und im Falle einer shared decision) können IL-6-Inhibitoren fortgeführt werden. 
 

Behandlung rheumatischer Erkrankungen im Kontext einer dokumentierten oder mutmaßlichen COVID-19-Infektion

Unabhängig von der Schwere der COVID-19-Infektion können HCQ/CQ fortgeführt werden, während SSZ, MTX, LEF, IS, Nicht-IL-6-Biologika und JAK-Inhibitoren gestoppt bzw. pausiert werden sollten. Bei schweren respiratorischen Beschwerden sollten NSAR gestoppt werden. Einen schwachen Konsens gab es zum Absetzen von NSAR bei Nicht-Vorliegen schwerer Symptome. Unter bestimmten Bedingungen (als Teil einer shared decision) können IL-6-Inhibitoren fortgeführt werden.
 

Quelle: Arthritis Rheumatol 2020; doi: 10.1002/art.41301