Allgemein wird für Rheumapatienten festgehalten, dass das Risiko für schlechte COVID-19-Outcomes primär mit generellen Risikofaktoren wie Alter und Komorbiditäten assoziiert zu sein scheint. Patienten sollten die üblichen Präventionsmaßnahmen („social distancing“, Hygiene etc.) befolgen.
In einem „shared decision“-Prozess von Patienten und Ärzten sollten selektiv Maßnahmen ergriffen werden, das Potenzial für eine SARS-CoV-2-Exposition in den Praxen zu reduzieren (z. B. seltenere Laborkontrollen, Telemonitoring, größere Intervalle zwischen i.v.-Therapien).
Glukokortikoide (GK) sollten (so indiziert) in der geringstmöglichen zur Krankheitskontrolle erforderlichen Dosierung eingesetzt werden, sollten aber keinesfalls abrupt abgesetzt werden (beides unabhängig von Exposition bzw. Infektionsstatus). Falls indiziert, sollten ACE-Hemmer oder Sartane in voller Dosis beibehalten oder initiiert werden.
Weiterbehandlung stabiler Patienten ohne Infektion oder SARS-CoV-2-Exposition
Hydroxychloroquin oder Chloroquin (HCQ/CQ), Sulfasalazin (SSZ), Methotrexat (MTX), Leflunomid (LEF), Immunsuppressiva (IS; z. B. Tacrolimus, Cyclosporin, Mycophenolat Mofetil, Azathioprin), Biologika, JAK-Inhibitoren und NSAR können fortgeführt werden (dies gilt auch für IL-6-Inhibitoren bei Patienten mit Riesenzellarteriitis). Auch Denosumab kann weiter gegeben werden, das Intervall kann auf max. 8 Monate verlängert werden, um Patientenkontakte zu reduzieren. Bei Patienten mit anamnestischen organbedrohenden Rheumaerkrankungen sollten IS nicht Dosis-reduziert werden. Bei Patienten mit SLE sollte bei Erstdiagnose HCQ/CQ in voller Dosis initiiert werden, bei Schwangeren sollte HCQ/CQ in gleicher Dosis fortgeführt werden. Belimumab kann, falls indiziert, initiiert werden.
Behandlung neu diagnostizierter oder aktiver Rheumaerkrankungen ohne Infektion oder SARS-CoV-2-Exposition
Aktive entzündliche Arthritis: Bei unter HCQ/CQ stabil kontrollierten Patienten sollte dieses fortgeführt werden, bei Nicht-Verfügbarkeit oder bei aktiver bzw. neu diagnostizierter Erkrankung sollte ein Wechsel auf ein anderes csDMARD (als Monotherapie oder Kombination) erwogen werden. Bei unter IL-6-Inhibitoren stabil kontrollierten Patienten sollte dieses fortgeführt werden, bei Nicht-Verfügbarkeit sollte der Wechsel auf ein anderes bDMARD erwogen werden (bezüglich JAK-Inhibitoren in dieser Situation war sich das Panel unsicher).
Bei mäßiger bis hoher Krankheitsaktivität trotz optimaler csDMARD-Therapie sollte ein bDMARD gestartet werden (in Bezug auf JAK-Inhibitoren war sich das Panel unsicher).
Bei aktiver oder neu diagnostizierter entzündlicher Arthritis können csDMARDs initiiert oder gewechselt werden. Falls indiziert, können niedrig dosierte GK (≤10 mg/Tag Prednison) oder NSAR initiiert werden.
Andere rheumatische Erkrankungen: Bei Patienten mit systemischen oder organbedrohenden Erkrankungen (z. B. Lupusnephritis oder Vaskulitis) können Hoch-Dosis-GK oder IS initiiert werden. Bei Patienten mit neu diagnostiziertem Sjögren-Syndrom sollte in Anbetracht mangelnder Daten zur Wirksamkeit HCQ/CQ nicht gestartet werden.
Weiterbehandlung stabiler Patienten nach SARS-CoV-2-Exposition (ohne COVID-19-Symptome)
HCQ, SSZ und NSAR können fortgeführt werden, IS, Nicht-IL-6-Biologika und JAK-Inhibitoren sollten temporär gestoppt werden (bis zu einem negativen Testergebnis oder nach 2 Wochen Symptomfreiheit). Unsicherheit besteht bezüglich des temporären Absetzens von MTX oder LEF in dieser Situation. Unter bestimmten Bedingungen (und im Falle einer shared decision) können IL-6-Inhibitoren fortgeführt werden.
Behandlung rheumatischer Erkrankungen im Kontext einer dokumentierten oder mutmaßlichen COVID-19-Infektion
Unabhängig von der Schwere der COVID-19-Infektion können HCQ/CQ fortgeführt werden, während SSZ, MTX, LEF, IS, Nicht-IL-6-Biologika und JAK-Inhibitoren gestoppt bzw. pausiert werden sollten. Bei schweren respiratorischen Beschwerden sollten NSAR gestoppt werden. Einen schwachen Konsens gab es zum Absetzen von NSAR bei Nicht-Vorliegen schwerer Symptome. Unter bestimmten Bedingungen (als Teil einer shared decision) können IL-6-Inhibitoren fortgeführt werden.
Quelle: Arthritis Rheumatol 2020; doi: 10.1002/art.41301