BDRh-Kongress 2022 - Berlin

Unterversorgung in der Rheumatologie

Laut Dr. Burkhard Ruppert, Vorsitzender KV Berlin, lässt sich zumindest für Berlin (auch für Hamburg und das Saarland) keine Unterversorgung feststellen. Seit 2019 sind alle rheumatologischen Sitze besetzt, die Mindestquote (Regelung seit 2019) von 8 % wurde um 1 % überschritten, sie liegt in Berlin bei 9 %. Also liegt hier nur bedingt ein Bedarfsplanungsproblem vor. Viel mehr sieht Dr. Ruppert bezüglich der Unterversorgung ein Problem in der Weiterbildung. Die Ausweitung der Ausbildungsförderung nach § 75a SGB wie im Hausärztebereich, ist begrenzt auf 2.000 Stellen für alle Fachärzte, der größte Teil aller Fachgruppen fordert inzwischen eine unbegrenzte Zahl. Dr. Ruppert zufolge diskutiert inzwischen die KBV dieses Problem, momentan ist jedoch kein Lösungsansatz vorhersehbar. Ein in diesem Zusammenhang kritischer Aspekt: Nicht unerheblich sind die entstehenden Folgen aus der Entwicklung der Altersstruktur. Denn das Durchschnittsalter der Fachgruppen wird nicht jünger sondern älter, was sich für die Neubesetzung von Vertragsarztsitzen aus Altersgründen dramatisch negativ auswirkt.

Bei der Weiterbildung stellt sich der Planungsgrad einzelner Facharztgruppen als limitierender Faktor dar, der unvermeidlich auch zu einem „Wettkampf“ unter den Facharztgruppen führen kann. Was bislang unbeachtet bleibt – so die Erfahrung aus dem Bereich der Allgemeinmedizin – ist, dass in die Weiterbildung investiert wird, es aber keine Daten oder Register gibt, ob die Weitergebildeten tatsächlich in die Versorgung des betreffenden Gebietes eingetreten oder in andere Wirtschaftsbereiche abgewandert sind. Das Gesamtpaket, so Prof. Dr. Eugen Feist, 2. Vorsitzender des BDRh, muss stimmen, d. h. die Rahmenbedingen, auch die ökonomischen, für einen niederlassungswilligen, zum Rheumatologen weitergebildeten Facharzt, damit er z. B. eine Praxis übernehmen will und kann.

Wenn weniger als die Hälfte aller medizinischen Fakultäten in Deutschland nur einen Lehrstuhl für Rheumatologie haben, fängt dort laut Frank Knieps, Vorsitzender des Bundesvorstands der BKK, das Problem einer Unterversorgung an! Die zweite Frage ist, wie Weiterbildung organisiert wird, was einerseits in der Hand der BÄK und der Ärzteverbände mit einer entsprechenden Musterberufsordnung liegt. Dies ist also primär eine innerärztlich zu lösende Aufgabe.

Die Organisation der Weiterbildung ist fokussiert nach ökonomischen Gesetzmäßigkeiten der Krankenhausversorgung. Wo das DRG-System Profit abwirft, gibt es auch viele Weiterbildungsstellen. Wo kein Profit oder Verlust entsteht, haben es Weiterbildungswillige schwer, Weiterbildende noch
schwerer.

In diesem Zusammenhang muss gesehen werden, dass Investitionen nur dann Erfolg haben, wenn die genannten Punkte wie die Zahl der Lehrstühle und die Organisation der Weiterbildung eine Veränderung erfahren. Ein Blick wieder in die Allgemeinmedizin zeigt, dass „Lehrbeauftragte“ an den Hochschulen den Mangel kompensieren konnten. Nicht die Politik für ein solches Vorhaben beauftragen, sondern eine Lobby, politische Verbündete, in der Politik, auf Bundes- wie auf Landesebene, für sich zu gewinnen, das ist ein an die Rheumatologie gerichteter
Rat!

Was die Organisation der Weiterbildung anbetrifft, so ist festzustellen, dass sie nicht nach dem Bedarf ausgestaltet wird. Bei allem Für und Wider an dem bisherigen System bedeutet das auch für die Rheumatologie, dass, wenn sich aufgrund fehlender Lehrstühle keine Weiterbildungswilligen anbieten, somit das zur Verfügung stehende Geld keine Lösung des Problems darstellt! Frank Knieps stimmte Ruppert auch in der Frage des „Exodus“ zu. Auch er fordert eine Übersicht, wer nach einer geförderten Weiterbildung in die Versorgung einsteigt – Bundesländer überschreitend bedeutet dies für ihn kein Problem – oder wer in fachfremde Gebiete abwandert.

Frank Knieps sprach in Bezug auf Kassenverträge ein klares Wort, für ihn ist die Rheumatologie nur begrenzt geeignet für Verträge mit einzelnen Kassen. Für ihn ist der eingeschlagene Weg der ASV der erfolgversprechendere und mit dem „Schwung“ des DMP Rheumatoide Arthritis weiter ausbaufähig. Schwung bedeutet, dies kennt man von anderen DMPs wie Diabetes oder KHK, dass Rheuma eine größere Aufmerksamkeit erfahren kann, zumal die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung einen starken Impact entwickeln und ein größeres Bewusstsein für die Erkrankung in der Bevölkerung aufbauen kann. Voraussetzung ist, dass sich alle Player, KBV/DKG und GKV-SV bei der Gestaltung aktiv einbringen.

Die Bundesvorsitzende der Rheuma-Liga, Frau Rotraud Schmale-Grede, fand lobende und mit großem Dank verbundene Worte an die Rheumatologen, die sich mit hohem Engagement für die Versorgung der Rheuma-Patienten einsetzen, Defizite auch in Verbund mit der Rheuma-Liga zu mindern versuchen, deren limitierte Zahl aber besonders in ländlichen Gebieten nur mit hohem Aufwand eine ausreichende Versorgung sicherstellen kann. Ein Interview hierzu wird in der nächsten Ausgabe der Rheuma Management folgen.

Quelle: Podiumsdiskussion Unterversorgung in der Rheumatologie: (k)eine Lösung in Sicht?