wir freuen uns, Ihnen das Memorandum der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie e.V. (DGRh) vorstellen zu dürfen. In diesem wird die rheumatologische Versorgung in Deutschland in allen Ebenen und Strukturen auf der Grundlage neuer und neuester Daten mit hoher wissenschaftlicher Akribie und umfassend dargestellt. Dieses Memorandum, welches als Meilenstein für die Deutsche Rheumatologie angesehen werden kann, ist in enger Zusammenarbeit mit dem Deutschen Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ), Berlin, dem Berufsverband Deutscher Rheumatologen (BDRh), dem Verband Rheumatologischer Akutkliniken (VRA) und der Deutschen Rheuma-Liga (DRL) entstanden. Als vierte Auflage seit dem Jahr 2008, benennt auch das Memorandum 2024 klar: Ohne substanzielle Reformen in der Aus- und Weiterbildung droht der Rheumatologie in Deutschland ein akuter Fachkräftemangel, der die Versorgungssituation weiter verschärfen wird.
Derzeit gibt es bundesweit 1.164 berufstätige Fachärztinnen und Fachärzte für Rheumatologie, obwohl mindestens 2.100 erforderlich wären, um eine flächendeckend ausreichende Versorgung sicherzustellen. Besonders dramatisch ist in diesem Zusammenhang, wie Sie sich vorstellen können, die Altersstruktur der aktuell in der Versorgung Tätigen: 30 Prozent der Rheumatologinnen und Rheumatologen sind 60 Jahre oder älter, und viele werden in den nächsten Jahren aus dem Berufsleben ausscheiden. Aktuell fehlen allein im ambulanten Bereich etwa 700 rheumatologische Fachärztinnen und Fachärzte, um den Bedarf zu decken. Trotz der zunehmenden Relevanz und Komplexität rheumatologischer Erkrankungen wurden in den letzten Jahren zu wenige Fachärztinnen und Fachärzte weitergebildet, um die Versorgungslücke zu schließen. Das Memorandum fordert daher eine deutliche und nachhaltige Erhöhung der Weiterbildungsstellen, um dem derzeitigen und zukünftigen Bedarf gerecht zu werden. Doch das Problem beginnt noch früher: Die Sichtbarkeit der Rheumatologie an Universitäten muss dringend steigen. Derzeit verfügen lediglich 10 von 38 medizinischen Fakultäten über eigenständige rheumatologische Lehrstühle. An vielen deutschen Universitäten ist deshalb die Rheumatologie in der Lehre unterrepräsentiert oder gar nicht vorhanden. Die DGRh fordert, dass jede Universität mit einer medizinischen Fakultät mindestens eine rheumatologische Abteilung oder einen Lehrstuhl einrichten muss, um Medizinstudierenden den Zugang zum Fach zu erleichtern und sie für die Rheumatologie zu begeistern. Der direkte Kontakt mit der Rheumatologie im Studium ist entscheidend, um langfristig den Nachwuchs zu sichern.
Per se hat sich die Versorgungsqualität in den letzten Jahren durch den Einsatz hochwirksamer Medikamente erheblich verbessert. Patientinnen und Patienten profitieren davon deutlich in ihrer Lebensqualität. Dies ist eine Errungenschaft, die Sie alle in Ihrem rheumatologischen Alltag in Klinik und Praxis mittragen. Doch lässt sich dieser therapeutische Fortschritt nur ausschöpfen, wenn eine frühzeitige und kontinuierliche Behandlung gewährleistet ist. Aktuell warten viele Patientinnen und Patienten noch immer mehr als drei Monate auf einen Ersttermin, was zu einer Verzögerung in der Diagnosestellung und Therapieeinleitung führt. Das Memorandum fordert eine deutliche Verkürzung der Wartezeiten. Die Autorinnen und Autoren bieten dafür neben den oben genannten Forderungen auch kurz- und mittelfristig umsetzbare Lösungen: Rheumatologische Frühsprechstunden, Delegation von Leistungen an qualifizierte nicht-ärztliche Fachkräfte oder etwa die stärkere Nutzung digitaler Versorgungsmodelle.
Die Forderungen des Memorandums sind klar: Die Schaffung eigenständiger rheumatologischer Abteilungen an Universitäten für eine flächendeckende Lehre, eine deutliche Aufstockung der Weiterbildungsstellen und der verstärkte Einsatz digital unterstützter und sektorenübergreifender Modelle sind essenziell, um die rheumatologische Versorgung auch in Zukunft sicherzustellen. Die Politik ist gefordert, sich dieser Aufgaben jetzt anzunehmen, bevor Versorgungsengpässe sich verschärfen und weitere Patientinnen bzw. Patienten dringend auf eine fachärztliche Behandlung warten. Sie alle erleben täglich in Klinik- und Praxis den großen Bedarf an Terminen und müssen dem gerecht werden. Lassen Sie uns gemeinsam etwas dafür tun, die Situation zu verbessern. Wir sind dankbar, wenn Sie die Informationen im Memorandum weitertragen und in Gesprächen in Ihrem Umfeld auf die notwendigen Maßnahmen hinweisen.
Viel Freude bei der Lektüre dieses Heftes.
Christof Specker und Anna Voormann