ACR-KONGRESS 2020

Rückblick auf die wichtigsten Studien

Beim notgedrungen virtuellen ACR Convergence 2020 mit etwas abgespecktem Programm fehlten die ganz großen Highlights. Dennoch lohnt ein kurzer Überblick zu relevanten Studien zur rheumatoiden Arthritis (RA), axialen Spondyloarthritis (axSpA), Psoriasis-Arthritis (PsA), Kollagenosen und Vaskulitiden.

Rheumatoide Arthritis 

Bei der RA standen neue Daten zur Effektivität und Sicherheit von Januskinase (JAK)-Inhibitoren im Vordergrund – insbesondere zum neu zugelassenen Filgotinib (vor allem weiter positive 52-Wochen-Daten aus der Phase-III-Studie FINCH-1) sowie zu Upadacitinib. Keine Zukunft bei RA (und wohl auch SLE) scheint das orale Therapieprinzip der Bruton’s Tyrosinkinase (BTK)-Inhibition zu haben: Nach Fenebrutinib enttäuschte jetzt auch Evobrutinib in Phase-II. Von großem Interesse waren die beiden Strategiestudien ARCTIC-REWIND und SEAM-RA. Take-home-Messages: Bei geplantem Therapieabbau ist die Dosisreduktion des bDMARDs (hier TNFα-Inhibitor) gegenüber dem kompletten Entzug klar zu präferieren. Überdies sollte nach erreichter Remission unter einer Kombination aus bDMARD und Methotrexat (MTX) wohl doch besser letzteres abgesetzt wer-
den, um einen besseren Remissionserhalt zu gewährleisten. 

Dass bei früher RA Glukokortikoide (GK) so schnell wie möglich abgesetzt werden sollten, verdeutlichen 10-Jahres-Daten der ESPOIR-Kohorte, die auch bei langjährig niedrig dosierten GK ≤5 mg/Tag Sicherheitsrisiken aufzeigten. Dass diese Daten ein wenig als Rechtfertigung für die Empfehlung in der neuen ACR RA-Leitlinie dienten, zu Therapiebeginn mit csDMARD möglichst ganz auf ein GK-Bridging zu verzichten, scheint aber doch die falsche Schlussfolgerung zu sein. Last but not least eine gute Nachricht: Die Herpes zoster-Totvakzine Shingrix erwies sich auch bei RA-Patienten unter JAK-Inhibitoren als gut verträglich und bot eine gute Impfantwort (75 %). 

Erwartungsgemäß nahmen Registerdaten zu COVID-19-Patienten mit RA und anderen rheumatologischen Erkrankungen viel Raum ein. Wesentliche neue Erkenntnisse boten diese kaum, jedoch verdichten sich die bereits im deutschen Register gesehenen Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für ein schlechteres Outcome unter Rituximab.    

Axiale SpA und Psoriasis-Arthritis

Nach Versagen von NSAR bestand bei Patienten mit ankylosierender Spondylitis (AS) bislang nur die Wahl zwischen einer Anti-TNF-Therapie oder einem Interleukin (IL)-17A-Inhibitor. Dass der kürzlich für die Indikation AS zugelassene JAK-1-Inhibitor Upadacitinib hier auch mitmischen wird, bestätigten die 52-Wochen-Daten aus einer Open-label-Verlängerung der Phase-II/III-Studie SELECT Axis 1. Auf einem guten Weg bei AS ist nach den positiven Ergebnissen einer Phase-III-Studie zudem auch der bei PsA bereits zugelassene Multi-JAK-Inhibitor Tofacitinib (ASAS20/40-Ansprechen in Woche 16 56,4 bzw. 40,6 %). Dieser hatte bereits vor einigen Jahren durchaus gute Daten in einer Phase-II-Studie bei AS geliefert, war aber zunächst in dieser Indikation nicht weiterverfolgt worden. Ein Fragezeichen scheint hingegen hinter Filgotinib zu stehen: Nach dem negativen Bescheid der FDA zu dessen Zulassung bei RA in den USA und der Reaktion des Herstellers darauf erscheint dessen Weiterentwicklung bei AS (und PsA) in Phase-III derzeit eher unwahrscheinlich. 

Bei der PsA ist weiter viel in Bewegung. Zu den etablierten TNFα- und IL-17A-Inhibitoren gesellt sich nach seiner kürzlich erfolgten Zulassung nun auch der selektive IL-23-Hemmer Guselkumab hinzu. Ende Januar wurde mit Upadacitinib ein zweiter, gut wirksamer JAK-Inhibitor zugelassen. Auch wenn die schwere Psoriasis wohl die Domäne der IL-17 bzw.- der IL-23-Inhibitoren bleiben wird, sind diese, aber auch Upadacitinib bei den Gelenken wohl auf Augenhöhe mit den Anti-TNF-Therapien. Upadacitinib scheint neuen Daten vom ACR zufolge auch bei „axialer PsA“ gut wirksam zu sein. Zusätzlich wurde zu Secukinumab die insgesamt positiv zu bewertende ACHILLES-Studie zur Therapie der Achillessehnen-Enthesitis vorgestellt. Neu präsentiert wurden auf dem virtuellen ACR-Kongress die ersten Phase-II-Ergebnisse zu dem oralen, selektiven Tyrosinkinase (TYK)-2-Inhibitor Deucravacitinib. In der höheren Dosierung (1x 12 mg/Tag) betrug in Woche 16 das ACR20/50/70-Ansprechen 62,7, 32,8 bzw. 19,4 % – weitere Daten zu diesem auch bei Plaque-Psoriasis geprüften Wirkstoff  bleiben aber zunächst abzuwarten. 

Ein kurzer Exkurs zur Gichtarthritis: Im Gegensatz zur US-amerikanischen CARES-Studie fand ihr europäisches Pendant FAST kein Signal für eine langfristig erhöhte kardiovaskuläre bzw. Gesamtmortalität unter Febuxostat versus Allopurinol. 

Kollagenosen

Beim systemischen Lupus erythematodes (SLE) hängt die Zulassung von Anifrolumab wohl noch in der Schwebe, die Phase-III-Studie LOTUS zu Ustekinumab wurde aufgrund Ineffektivität vorzeitig beendet und mit den Phase-III-Daten zu Baricitinib aus SLE-BRAVE-X ist erst in Jahren zu rechnen. Nachdem sich zuletzt das Interesse stark auf die Lupusnephritis konzentrierte (nach den Phase-III-Studien ist mit einer Zulassung von Belimumab als Erhaltungstherapie sicher zu rechnen, eventuell kommt Voclosporin hinzu, Obinutuzumab lieferte langfristig gute Phase-II-Ergebnisse und befindet sich jetzt in Phase-III), standen auf der ersten ACR-Tagung potenziell neue Therapieansätze im Fokus – einige davon (Iberdomid, BIIB059) mit durchaus Hoffnung machenden Phase-II-Daten. 

Nur wenig Neues gab es zum primären Sjögren-Syndrom und zur systemischen Sklerose (SSc). Bei letzterer zur erwähnen sind zum einen die in der SENCSIS-ON-Extensionsstudie mit Nintedanib in puncto interstitieller Lungenerkrankung gezeigte anhaltende antifibrotische Effektivität sowie zum anderen erste positive Daten der Phase-II-Studie NOVESA zum oralen Autotaxin-Inhibitor Ziritaxestat, die aber noch keine weiteren Rückschlüsse erlauben. Es wurden zudem zur Dermatomyositis (DM) zwei kontrollierte Studien präsentiert, eine – ProDERM – zur Effektivität von intravenösem Immunglobulin (IVIG), die vielversprechende Ergebnisse lieferte, während die zweite zu Patienten mit DM und Polymyositis keine Wirksamkeit des IL-6-Rezeptorinhibitors Tocilizumab nachweisen konnte.

Vaskulitiden

Bei den ANCA-assoziierten Vaskulitiden (AAV) gab es ebenfalls wenige Neuigkeiten. Der orale selektive Komplement C5a-Rezeptorinhibitor Avacopan war erfolgreich in der Phase-III-Studie ADVOCATE geprüft worden und hatte sich in Kombination mit einer Induktions-/Erhaltungstherapie aus Cyclophosphamid/Azathioprin oder Rituximab der herkömmlichen Prednison-Therapie überlegen gezeigt. Weitere Daten dieser Studie zeigten bei Patienten mit renaler Vaskulitis sehr positive Effekte bezüglich der Nierenfunktion. 

Bei Riesenzell-Arteriitis (RZA) werden zur Sterodeinsparung Tocilizumab sowie MTX empfohlen, künftig könnten auch Sarilumab, IL-12/23- bzw. IL-17- oder JAK-1-Inhibitioren (Upadacitinib wird in der großen Phase-III-Studie SELECT-GCA geprüft) eine Option sein. Auf dem ACR-Kongress wurde jetzt auch eine Phase-II-Studie zu dem Anti-Granulozyten-Makrophagen-Kolonie-stimulierenden Faktor (GM-CSF)-Rezeptor a-Antikörper Mavrilimumab vorgestellt, die gute Ergebnisse lieferte. Die in der Pilotstudie GUSTO adressierte Frage, ob Tocilizumab Steroide ganz oder weitgehend ersetzen könnte, kann derzeit noch nicht beantwortet werden.