RHEUMATOIDE ARTHRITIS UND COVID-19

Neuigkeiten vom virtuellen ACR-Kongress: Relevantes für die Praxis

Prof. Dr. med. Klaus Krüger

Prof. Dr. med. Klaus Krüger

Abb. 1: CREDO2-Studie: ACR20-Ansprechen (prim rer Endpunkt) und DAS-CRP <3,2 unter Olokizumab (q2w bzw. q4w), Adalimumab und Placebo in Woche 12 (10)

Abb. 1: CREDO2-Studie: ACR20-Ansprechen (prim rer Endpunkt) und DAS-CRP <3,2 unter Olokizumab (q2w bzw. q4w), Adalimumab und Placebo in Woche 12 (10)

Abb. 2: Wahrscheinlichkeit für schlechten COVID-19-Verlauf unter bestimmten Therapien (22)

Abb. 2: Wahrscheinlichkeit für schlechten COVID-19-Verlauf unter bestimmten Therapien (22)

Erneut (und hoffentlich letztmalig?) konnte der ACR-Kongress 2021 wieder nur virtuell durchgeführt werden. Deshalb war das Angebot an Beiträgen wiederum deutlich geringer als in den früheren Präsenz-Kongressen, knapp 1.950 Programmpunkte weist der Supplement-Band von Arthritis & Rheumatology aus, in dem alljährlich die Abstracts in gedruckter Form zusammengefasst werden. An dieser Stelle sei auf für die Praxis relevante Arbeiten zur rheumatoiden Arthritis (RA) eingegangen, aber auch auf das immer noch unseren Alltag bestimmende Thema COVID-19 und Impfungen.

Strategiestudien: Therapieabbau und NORD-STAR im Fokus

Das Angebot an neuen, beim ACR erstmals präsentierten Strategiestudien, früher stets ein Hauptthema des Kongresses, ist leider rückläufig, obwohl hier durchaus weiter Verbesserungsbedarf zu sehen ist. Eine Metaanalyse mit systematischem Review mit dem Therapieabbau als Thema wertete 22 randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) aus und belegte wieder, dass ein Abbau nur mit Vorsicht ablaufen sollte und eine Dosisreduzierung bei bDMARDs einer Beendigung dieser Therapie eindeutig vorzuziehen ist. (1) Zwar lag auch bei Tapering im Vergleich zu einer Fortführung der Therapie die Risk Ratio (RR) mit 1,45 im signifikanten Bereich, bei Absetzen jedoch mit einer RR 2,28 deutlich höher. Ein kompletter Therapieabbau mittels Absetzen der bDMARD- oder tsDMARD-Therapie ist nach dieser Auswertung wie auch einer Reihe von Studien aus der jüngeren Zeit kein empfehlenswertes Vorgehen.

In einer prospektiven kanadischen Kohortenstudie über 15 Jahre wurde nach Prädiktoren für bDMARD-refraktäre Verläufe gesucht. (2) Als negative Prädiktoren erwiesen sich ein bDMARD-Switch bereits im ersten Jahr (Hazard Ratio, HR 3,53), Prednisolon-Bedarf (HR 3,06) und Rauchen (HR 1,49), während eine DAS-Remission im ersten Jahr (HR 0,49) und die Einnahme von TNFα-Inhibitoren (TNFi) eher protektiv waren.

Einen der wichtigsten Beiträge zum Thema Strategie lieferten die 48 Wochen-Resultate aus der NORD-STAR-Studie, die bei 795 Patienten mit sehr früher RA in Skandinavien und den Niederlanden durchgeführt worden war. (3) Hier wurden vier Starttherapien, konventionelle csDMARDs versus Certolizumab, Abatacept und Tocilizumab, jeweils in Kombination mit Methotrexat (MTX), miteinander verglichen. Während nach 24 Wochen in den vier Gruppen die Rate an CDAI-Remissionen (zwischen 41 und 52 %) sich nicht signifikant unterschied, also kein Vorteil einer bDMARD-Starttherapie vorlag, änderte sich dies nach 48 Wochen: Die Certolizumab- sowie die Abatacept-Gruppe erwiesen sich mit einer Rate von 52 bzw. 59 % vs. 39 % jetzt doch als signifikant besser, interessanterweise jedoch nicht die Tocilizumab-Gruppe. Bemerkenswert ist jedoch insgesamt, dass der frühe DMARD-Beginn in allen vier Gruppen für hohe Remissionsraten sorgte, die bei Heranziehen der DAS-Remission sogar bei 54 bis 71 % lagen.

Update zu konventionellen und biologischen DMARDs

Einen der wichtigsten DMARD-Beiträge lieferte bei diesem Kongress wieder einmal das RABBIT-Register: Bei 13.870 Patienten wurde nach der Häufigkeit von Plattenepithel- und Basalzellkarzinomen sowie nach möglichen Assoziationen mit einer DMARD-Therapie gesucht. (4) Insgesamt wurden 17 Plattenepithel- (0,12 %) und 120 Basalzellkarzinome (0,85 %) registriert. Die Inzidenzrate lag mit 3,6/1.000 Patientenjahre (PJ) unter Abatacept deutlich höher als unter allen anderen Therapien, das entsprach adjustiert einer im Vergleich zu csDMARDs verdoppelten Hazard Ratio. Alle anderen DMARDs befanden sich mit HRs zwischen 1,4 und 2,5 in einem niedrigeren Bereich. Auch wenn die Autoren darauf hinweisen, dass die Ergebnisse durch eine negative Patientenselektion mit bedingt sein könnten, bleibt (zusammen mit früheren Publikationen) die Erkenntnis, dass Abatacept bei positiver Anamnese für Hauttumoren sicher mit Vorsicht eingesetzt werden sollte und ein regelmäßiges Screening ratsam ist.

In einer US-amerikanischen Fall-Kontrollstudie wurde nach Risikofaktoren für das Auftreten einer Hydroxychloroquin (HCQ)-Retinopathie gesucht (5), insgesamt 164 Fälle, davon 26 in schwerer Form, wurden unter 4.899 HCQ-Behandelten gefunden. Asiatische Herkunft (Odds Ratio, OR 3,51) und chronische Niereninsuffizienz Grad ≥3 (OR 3,07), dazu die Dauer der Einnahme und kumulative Dosis wurden als Risikofaktoren identifiziert. Besonders wichtig: Die Grenzdosis für ein hohes Risiko lag bei 5 mg/kg, aber auch im Bereich 4-5 mg/kg war die Inzidenz bereits deutlich erhöht.

Eine britische Studie bei 1.069 Patienten mit Früh-RA untersuchte die Häufigkeit von Nausea (31,1 %) und Alopezie (7,8 %) unter einer MTX-Therapie. (6) Beides trat bei Frauen deutlich häufiger auf (Alopezie mit einer OR 3,93!), außerdem wirkten Alkoholkonsum und ein hoher HAQ begünstigend für Übelkeit. Interessanterweise zeigte Koffein entgegen früheren Berichten keine protektive Wirkung gegen Übelkeit, eine Startdosis >15 mg/Woche erhöhte die Rate beider Nebenwirkungen nicht.

Eine Langzeit-Follow-up-Untersuchung aus der bereits früher berichteten niederländischen REDO-Studie hatte die Auswirkung unterschiedlicher Rituximab (RTX)-Dosierungen auf den Outcome zum Inhalt. (7) Verglichen wurden über vier Jahre die Gabe von 1.000, 500 und 200 mg RTX alle sechs Monate. Das erstaunliche Ergebnis: 37 von 118 RA-Patienten blieben bei der ultraniedrigen Dosis von 200 mg, 47 bei 500 mg und nur 34 erhielten 1.000 mg, der durchschnittliche DAS28-Score lag in allen drei Gruppen bei 2,2 bis 2,3. Man könnte daraus entnehmen, dass wir labelentsprechend bei RA viel höhere RTX-Dosen verwenden, als eigentlich bei vielen Patienten nötig wären, ein z. B. im Bezug auf Impfantworten durchaus relevanter Diskussionspunkt.

Zwei Studien beschäftigten sich mit dem Switch vom Originator zum Biosimilar unter TNFi-Therapie. In Dänemark (DANBIO-Register) wurde zweimal staatlich ein Infliximab-Switch angeordnet, 2015 vom Original zu CT-P13, 2019 von CT-P13 zu GP1111, offenbar weil der Hersteller des zweiten Biosimilars ein besseres Angebot unterbreitet hatte. (8) Interessant war dabei, dass beide Switches, obwohl angeordnet und ohne „shared decision“, sehr gut funktionierten: Die Retentionsrate lag ein Jahr nach dem ersten Switch bei 83 % und ein Jahr nach dem zweiten Switch sogar bei 91 %. Es bleibt offen, ob die Applikation mittels Infusion dieses exzellente Ergebnis begünstigte.

In einer Kohortenstudie des Rheumazentrums Herne wurde bei 111 Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen (ERE) der zweijährige Verlauf nach Wechsel vom Adalimumab-Originator zum Biosimilar verfolgt. (9) 67,6 % der Teilnehmer blieben beim Biosimilar, 7 % wechselten zu einem anderen bDMARD, aber immerhin 16 % kehrten zum Original zurück. Aufgrund der retrospektiven Auswertung waren leider Gründe für diese Rückkehr nicht genau zu ermitteln.

Zwei Phase-III RCTs wurden zu dem Interleukin (IL)-6-Inhibitor Olokizumab vorgestellt. In der CREDO2-Studie mit 1.648 Patienten mit unzureichender Wirksamkeit von MTX erreichte Olokizumab signifikant den primären Endpunkt eines ACR20-Ansprechens in Woche 12 und schnitt vergleichbar gut ab wie Adalimumab als aktiver Komparator (Abb. 1). (10) In der CREDO3-Studie wurden auch bei TNFi-vorbehandelten Patienten die primären und sekundären Endpunkte erreicht (11), das Sicherheitsprofil war vergleichbar mit jenem der etablierten IL-6-Rezeptorinhibitoren.

Neuigkeiten zu den Januskinase-Inhibitoren

Nicht unerwartet war das Thema Januskinase-Inhibitoren (JAKi) bei diesem Kongress weiter hochaktuell, umso mehr als in den letzten zwei Jahren eine intensive Diskussion um die Sicherheit dieser Therapie entstanden war. Eine praktisch sehr wichtige Frage wurde in der paneuropäischen JAK-pot-Studie untersucht: Was ist die optimale Therapiesequenz nach unzureichender Wirkung eines als Zweitlinientherapie applizierten JAKi? (12) Etwas überraschend erwiesen sich Cycling (Wechsel auf 2. JAKi) und Switch (Wechsel auf anderes Wirkprinzip) als gleichermaßen erfolgreich. Tendenziell war bei Ineffektivität als Absetzgrund das Cycling etwas erfolgreicher, bei unerwünschten Ereignissen als Triebfeder hingegen der Switch – die Unterschiede waren aber eher gering.

Ebenfalls praktisch wichtig: Was ist zu tun, wenn unter JAKi ein Herpes Zoster auftritt? Eine südkoreanische Studie führte hier zu erstaunlichen Ergebnissen (13): Rund 75 % der Patienten unterbrachen die Therapie trotz Infektion nicht, nur dreimal traten dabei Komplikationen auf (Zoster ophtalmicus, Ramsay-Hunt-Syndrom, anhaltende Nervenschmerzen). 15 % unterbrachen die Therapie kurz. Ein Rezidiv innerhalb eines Jahres trat nur bei einem Patienten auf. Aus historischen Gründen spielte die Impfung bei dieser Studie noch keine Rolle.

Ein spezieller, von der Entzündungsaktivität unabhängiger Effekt der JAKi-Therapie auf Fatigue-Symptome wird durch die Ergebnisse einer Post-hoc-Analyse der RA-BEAM- und RA-BEACON-Studie mit Baricitinib postuliert. (14) Bis Woche 12 besserten sich CDAI und Fatigue in diesen Studien in gleicher Weise, in RA-BEAM übrigens ähnlich auch unter Adalimumab. In Woche 12-24 war dann eine weitere Fatigue-Besserung nur noch unter Baricitinib zu beobachten, sie war vom CDAI losgelöst. Alles in allem waren 20 bis 30 % des Effektes von Baricitinib auf die Fatigue als unabhängig von der Krankheitsaktivität zu interpretieren. In der SELECT-CHOICE-Studie, einem Head-to-head (H2H)-Vergleich zwischen Upadacitinib und Abatacept bei bDMARD-refraktärer RA, hatte sich (wie bereits früher berichtet) Upadacitinib in den meisten Parametern als wirksamer im Vergleich zu Abatacept erwiesen. Wegen früherer Berichte, nach denen Abatacept bei seropositiven RA-Patienten besonders gut wirken soll, wurde jetzt ausgewertet, ob die Studienergebnisse bei seropositiven Patienten anders ausfallen als bei seronegativen. (15) Kurz gesagt: Das war nicht der Fall, auch bei seropositiven RA-Patienten blieb die Überlegenheit von Upadacitinib bestehen.

Zwei Untersuchungen beschäftigten sich mit den Langzeitsicherheitsdaten der JAKi. Das Langzeitsicherheitsprofil von Baricitinib wurde dabei über einen Zeitraum von bis zu 9,3 Jahren ausgewertet, 3.770 Patienten und 14.744 PJ wurden erfasst. (16) Die Ergebnisse entsprachen den vorher bekannten Sicherheitsdaten, auch im Langzeitverlauf ergaben sich keine Änderungen der Häufigkeit. Bei der entsprechenden Untersuchung von Upadacitinib wurden 4.298 Patienten und 8.562 PJ erfasst. (17) Wie zu erwarten trat ein Herpes Zoster unter Upadacitinib häufiger als in den Kontrollgruppen auf, laborchemisch war auch eine CK-Erhöhung (ohne klinische Besonderheiten) häufiger. Keine Unterschiede fanden sich jedoch u. a. für schwere und opportunistische Infektionen, Tuberkulose, Malignome, schwere kardiovaskuläre Ereignisse (MACE), thromboembolische Ereignisse, gastrointestinale (GI)-Perforationen oder Hepatitis.

Nachdem auf der Basis von Presseverlautbarungen und vermutlich den Behörden vorliegenden Unterlagen über die ORAL SURVEILLANCE-Studie bereits mehrere „Rote Hand-Briefe" auf mögliche Probleme der Tofacitinib-Therapie bei Risikopopulationen hingewiesen hatten, wurden jetzt bei diesem Kongress erste Daten aus dieser Studie publiziert. (u. a. 18) Es zeigte sich zum einen eine erhöhte Rate an MACE unter Tofacitinib im Vergleich zur Kontrollgruppe (Patienten unter Adalimumab bzw. Etanercept), allerdings nur bei Rauchern und ab dem Alter von 65 Jahren. Aus heutiger Sicht verwundert dies nicht mehr, denn auf der Basis diverser Untersuchungen wissen wir, dass TNFi eine deutlichen kardioprotektiven Effekt besitzen, für JAKi ist ein solcher bisher nicht gezeigt. Weniger gut erklärlich ist hingegen, dass auch Malignome in diesen Risikogruppen unter Tofacitinib häufiger auftreten als in der Kontrollgruppe, dies bedarf weiterer genauerer Auswertungen (erst kürzlich ist die Originalpublikation erschienen). Ursprünglich waren vor allem vermehrte thrombembolische Ereignisse unter Tofacitinib im Fokus, hier zeigt sich jetzt aber, dass dies ebenso wie die erhöhte Mortalität in erster Linie die hohe Tofacitinib-Dosis (2x 10 mg/Tag) betrifft, die in der Rheumatologie ohnehin keine Anwendung findet.

Nicht nur in RCTs, sondern auch In Real-Life-Untersuchungen werden die Resultate der ORAL SURVEILLANCE-Studie bisher nicht bestätigt. Beim ACR-Kongress wurde u. a. die Real-Life-Studie STAR-RA aus zwei versicherungsbasierten Kohorten mit über 75.000 RA-Patienten vorgestellt. (19) Hier zeigte sich unter Tofacitinib keine erhöhte Malignom-Rate (allerdings wurden die in ORAL SURVEILLANCE definierten Risikogruppen nicht separat ausgewertet). Weiterhin wurden für Upadacitinib erste Real-Life-Daten aus der deutschen nicht-interventionellen UPwArds-Studie vorgelegt. (20) Auch hier zeigten sich – allerdings zunächst mal nur für einen Zeitraum von sechs Monaten – keine Auffälligkeiten bezüglich dessen Sicherheit. In dieser Studie erstaunten sehr gute Daten zur klinischen Wirksamkeit, bedenkt man, dass es sich um Patienten mit einer mittleren Krankheitsdauer von 9 Jahren und einem Ausgangs-CDAI von 24,9 handelte. So erreichten nach sechs Monaten 25,4 % eine CDAI-Remission und 65,2 % eine DAS28(CRP)-Remission.

COVID-Pandemie: Risiken und Impfungen im Blickpunkt

Nicht unerwartet machten Beiträge zum Thema COVID-Pandemie einen sehr großen Anteil am Gesamtprogramm aus. Nicht alles davon war berichtenswert, so bildeten z. B. regionale Auswertungen mit Ergebnissen, die eigentlich nichts grundlegend Neues beinhalteten, viele Programmpunkte. Nachfolgend soll aber auf einige Highlights aus diesem Themenkomplex eingegangen werden. Ein systematischer Literaturreview widmete sich dem Outcome der SARS-CoV-2-Infektion bei ERE-Patienten, 100 Studien wurden ausgewertet. (21) In 47 Studien erfolgte ein Vergleich mit Kontrollgruppen, darunter berichteten 15 eine erhöhte, 28 eine identische und vier eine verringerte Rate an Infektionen bei ERE-Patienten. In 16 Studien mit Vergleich der Mortalitätsraten wiesen ERE-Patienten fünfmal ein erhöhtes, neunmal ein identisches und zweimal ein niedrigeres Risiko auf. Ähnliche Relationen ergaben sich bei den wenigen Vergleichsstudien zur Intensivpflichtigkeit, Sauerstoffsupplementierung und Beatmung. Die Heterogenität der Studien erschwerte generell die Auswertung.

In einer Auswertung des deutschen Covid19-Rheuma-Registers wurde über ein Jahr bei 2.274 ERE-Patienten nach einflussnehmende Faktoren für die Schwere der Infektion gesucht. (22) Allgemeine Faktoren für ein schlechteres Outcome waren Alter, männliches Geschlecht, chronische kardiovaskuläre, pulmonale und renale Erkrankung sowie Hypertonie, außerdem Glukokortikoid (GK)-Therapie und Krankheitsaktivität. Bei den untersuchten DMARD-Therapien boten – im Vergleich zu MTX als Referenz – TNFi einen besseren Outcome, Immunsuppressiva (MMF, Azathioprin, Cyclophosphamid, Ciclosporin), JAKi und besonders stark ausgeprägt Rituximab wirkten sich negativ aus (Abb. 2). Dies korrespondiert gut mit diversen internationalen Untersuchungen. Auch zahlreiche weitere Untersuchungen, die sich mit schweren Systemerkrankungen wie z. B. systemischem Lupus erythematodes (SLE) oder Vaskulitiden beschäftigten, belegten ein erhöhtes Risiko für eine COVID19-Infektion (und die Schwere der Infektion) korrespondierend mit der Schwere der Grunderkrankung. (23-25) Ein spezieller Vergleich des Risikos unter TNFi (n=190) versus JAKi (n=128) im deutschen COVID-19-Register bestätigte unter JAKi eine höhere Rate an Hospitalisationen (33 vs. 13 %), Sauerstoff-Bedürftigkeit (25 vs. 7 %) und Todesfällen (6 vs. 0 %). (26) Bei genauerer Betrachtung der beiden Gruppen zeigte sich jedoch, dass die JAKi-Patienten u. a. eine höhere Rate an begleitender GK-Therapie und schweren Komorbiditäten aufwiesen – eine unter diesem Aspekt sehr wichtige Auswertung!

Zwei Schweizer Untersuchungen hatten Messungen der Antikörper-Entwicklung nach einer COVID19-Impfung zum Inhalt. In einer der Untersuchungen boten RA-Patienten eine langsamere Impfantwort und entwickelten niedrigere Titer als gesunde Kontrollen. (27) Im Vergleich zu Patienten unter csDMARD- und Anti-Zytokin-Therapien wiesen Patienten unter Abatacept und JAKi ein höheres Risiko für eine beeinträchtigte Impfantwort auf. In der zweiten Untersuchung (28) wurden bei 912 Patienten nach zwei Impfungen mit einem mRNA-basierten Impfstoff in Woche 4, 12 und 24 die Anti-S1-Response und kinetische Parameter bestimmt. Patienten mit früherer Infektion boten generell eine bessere Response und einen langsameren Titerabfall über die Zeit. Im Vergleich zu Patienten ohne DMARD war die Response unter TNFi (Monotherapie und Kombination) niedriger, dies galt noch mehr für Patienten unter JAKi und Abatacept und insbesondere unter RTX, hier fehlte bei 4 von 11 Patienten die Serokonversion komplett. In diesem Kontext bringen noch die Ergebnisse einer in New York durchgeführten Untersuchung wichtige zusätzliche Informationen. (29) Hier konnte gezeigt werden, dass nicht nur unter Rituximab, sondern auch unter Belimumab die Antikörper-Antwort signifikant beeinträchtigt ist, insbesondere aber fand sich ein direkter Bezug zur Zahl der vorhandenen B-Lymphozyten (je niedriger, desto schlechter die Antwort). Nach diesem Resultat könnte es Sinn machen, unter einer laufenden B-Zell-Depletion bei geplanter Impfung generell diese Zellzahl zu bestimmen.

Eine Reihe von Studien hatte die Verträglichkeit der Impfungen bei ERE-Patienten zum Inhalt. Hier lieferte die Untersuchung aus dem deutschen Covid19-Impfregister mit den Erfahrungen von 866 ERE-Patienten eine der größten Datenmengen. (30) Unerwünschte Ereignisse traten nicht häufiger als in der Normalbevölkerung auf, ein (oft milder) Schub der Grunderkrankung wurde von 13 % der Patienten berichtet, nur 6 % mussten deshalb ihre immunmodulatorische Therapie ändern. Diese Resultate wurden durch eine niederländische Studie bestätigt, in der die Auswirkungen der Impfung bei 501 ERE- (n=420) und Multiple Sklerose-Patienten mit 184 Kontrollen verglichen wurden. (31) Auch hier zeigten sich keine Unterschiede zur Kontrollgruppe und keine relevanten Auswirkungen auf die Aktivität der Grunderkrankung. Als Late-breaking-Abstract (32) wurde auch eine erste Untersuchung zu Durchbruchsinfektionen nach kompletter Impfung auf der Basis einer Auswertung aus der größten nationalen US-COVID19-Kohorte vorgelegt, erfasst wurden 536.954 Patienten ohne und 47.903 mit ERE. Durchbruchinfektionen waren bei den ERE-Patienten häufiger mit einer Rate (je pro 1.000 Personen) von 36 vs. 19 (Biontech/Pfizer), 33 vs. 16 (Moderna) und 47 vs. 26 (Johnson & Johnson). Die Rate war signifikant erhöht bei RA, Spondyloarthritiden, SLE, systemischer Sklerose und Polymyositis, aber nicht für Gicht oder Polymyalgia rheumatica.                           

Prof. Dr. med. Klaus Krüger
Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie
Praxiszentrum St. Bonifatius
St.-Bonifatius-Str. 5, 81541 München

Literatur: 1 Uhrenholt L et al., Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 0829 | 2 Keeling S et al., Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 0844 | 3 Ostergaard M et al., Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 0825 | 4 Strangfeld A et al., Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 1942 | 5 Jorge A et al., Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 0989 | 6 Sherbini A et al., Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 1444 | 7 den Broeder N et al., Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 1443 | 8 Nabi H et al., Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 0573 | 9 Kiltz U et al., Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 0138 | 10 Feist E et al., Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 1685 | 11 Feist E et al., Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 1686 | 12 Pombo-Suarez M et al., Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 1442 | 13 Choi W et al., Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 1545 | 14 Fautrel B et al., Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 1235 | 15 Rubbert-Roth A et al., Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 1230 | 16 Taylor PC et al., Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 1688 | 17 Burmester G et al., Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 1691 | 18 Ytterberg SR et al., Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 0831 | 19 Khosrow-Khavar F et al., Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 1675 | 20 Witte T et al., Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 0833 | 21 Conway R et al., Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 0086 | 22 Regierer A et al., Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 0102 | 23 Hall A et al., Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 0856 | 24 Petri M et al., Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 0858 | 25 Sattui S et al., Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 0952 | 26 Hasseli R et al., Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 0097 | 27 Rubbert-Roth A et al., Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 0983 | 28 Raptis C et al., ACR Convergence 2021; Late-breaking Poster L01 | 29 Kirou K & Zhang-Sun J. ACR Convergence 2021; Late-breaking Poster L03 | 30 Hasseli R et al., Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 0100 | 31 Boekel L et al., Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 0104 | 32 Singh J et al., ACR Convergence 2021; Late-breaking Abstr. L16