GICHTARTHRITIS

Harnsäuresenkende Therapien: Alte Bekannte und ein neuer Kandidat

Eine effektive harnsäuresenkende Therapie (ULT) mit in der Regel Allopurinol oder Febuxostat ist der Eckpfeiler im Management der Gichtarthritis, möglichst, wie von ACR und EULAR empfohlen, in Form eines Treat-to-target (T2T)-Ansatzes. US-amerikanische Rheumatologen um James O'Dell, Omaha, verglichen nun in einer großen randomisierten, doppelblinden Nicht-Unterlegenheitsstudie STOP-Gout die Effektivität und Sicherheit von Allopurinol und Febuxostat im Rahmen einer T2T-Strategie. Auch wenn sich beide Medikamente als hocheffektiv erwiesen, sind Alternativen willkommen. Mit Tigulixostat lieferte ein neuartiger Nicht-Purin selektiver Xanthinoxidase-Inhibitor (XOI) gute Ergebnisse in einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-II-Studie, die Robert Terkeltaub, San Diego (USA), und Kollegen als Late-breaking Poster präsentierten.

In der 72-wöchigen Non-Inferioritätsstudie wurden 940 Gicht-Patienten mit einem Serum-Harnsäurespiegel ≥6,8 mg/dl im Verhältnis 1:1 auf Allopurinol (mit angemessener Titration) oder Febuxostat randomisiert. Rekrutiert wurden Patienten mit persistierender Hyperurikämie trotz Allopurinol (≤300 mg/dl), über ein Drittel davon wiesen eine chronische Niereninsuffizienz (CKD) Stadium 3 auf.

Allopurinol und Febuxostat auf Augenhöhe

Die Studie umfasste drei Phasen: 1. Titration der harnsäuresenkenden Therapie (HST) von Woche 0-24, 2. Erhaltung von Woche 25-48 und 3. Beobachtung mit weiter stabiler HST von Woche 49-72. Allopurinol und Febuxostat wurden von zu Beginn 100 bzw. 40 mg/Tag auf max. 800 bzw. (120)/80 mg/Tag gesteigert. Bis Anfang der Phase 3 erhielten die Patienten eine antientzündliche Prophylaxe gemäß der ACR-Leitlinie 2012. Primärer Endpunkt war der Anteil von Patienten mit ≥1 Flare während Phase 3 (prä-spezifizierte Marge für Nicht-Unterlegenheit <8 % Unterschied). Es wurden ferner die Effektivität und Verträglichkeit beider Therapien bei Patienten mit CKD-Stadium 3, der Patientenanteil mit einem Serum-Harnsäurespiegel <6 mg/dl (Ende Phase 2) und schwere unerwünschte Ereignisse (SUE) erfasst. In beiden Armen brachen ca. 20 % der Patienten die Studie vorzeitig ab.

Während Phase 3 hatten unter Allopurinol und Febuxostat 35 vs. 42 % der Patienten ≥1 Gichtanfall (p<0,001 für Nicht-Unterlegenheit), bei den CKD-Patienten in Stadium 3 waren es 29,9 vs. 43,8 % (p<0,001). 81,1 vs. 78,4 % erreichten unter Allopurinol bzw. Febuxostat den Zielwert <6 mg/dl (p=0,34). Keine relevanten Unterschiede gab es auch hinsichtlich der Rate von SUE inklusive kardiovaskulärer Komplikationen bei Patienten mit oder ohne CKD.

Somit zeigt sich im Rahmen einer T2T-Strategie eine vergleichbare, sehr gute Wirksamkeit beider HST mit Erreichen des Zielwerts in ca. 80 % der Fälle nach einem Jahr. Auch bezüglich des kardiovaskulären Risikos und dem Einsatz beider Therapien bei fortgeschrittener CKD zeigt sich eine jeweils gute Sicherheit in der praktischen Anwendung in dieser großen kontrollierten Studie – das größere Problem dürfte unabhängig von der gewählten HST das Umsetzen der T2T-Strategie im Praxisalltag außerhalb einer Studie sein. (1)

Erste Studiendaten zu Tigulixostat 

Unabhängig davon, ob es für die HST noch eines weiteren selektiven XOI bedarf, wurde mit Tigulixostat ein solcher nun in einer Phase-II-Dosisfindungsstudie getestet. Hierin wurden Gicht-Patienten mit einem Serum-Harnsäurespiegel ≥8,0 bis ≤12,0 mg/dl nach vorheriger Washout/Prophylaxe-Phase für 12 Wochen im Verhältnis 1:1:1:1 auf 1x täglich Tigulixostat 50 mg (n=34), 100 mg (n=38) oder 200 mg (n=37) oder Placebo (n=34) randomisiert (plus Prophylaxe mit 1x 0,6 mg Colchicin/Tag). Primärer Endpunkt war ein Serum-Harnsäurespiegel <5,0 mg/dl in Woche 12, sekundäre Endpunkte waren das Erreichen des Zielwerts <6,0 mg/dl und Flares in Woche 12 sowie die Sicherheit bis Woche 14.

Nach 12 Wochen waren alle drei Dosierungen im primären und sekundären Endpunkt (5,0 bzw. 6,0 mg/dl) Placebo signifikant überlegen (je p<0,0001) mit klarem Wirkeffekt ab Woche 2. Einen Serum-Harnsäurespiegel <5,0 mg/dl bzw. <6,0 mg/dl in Woche 12 erreichten mit Tigulixostat 50, 100 oder 200 mg 47, 45 und 62 % bzw. 59, 63 und 78 % der Patienten (mit Placebo jeweils 3 %). Die maximale Harnsäuresenkung betrug 47, 51 und 67 vs. 11,2 % vom Ausgangswert. Zu Gichtanfällen kam es bei 12,9, 13,2, 10,8 und 9,4 % der Patienten, was nach 12 Wochen aber noch wenig aussagekräftig erscheint. Es wurden keine schweren, mit Tigulixostat assoziierten Ereignisse dokumentiert, die Rate therapieassoziierter Ereignisse war in allen vier Studienarmen vergleichbar. Angesichts der bislang guten Sicherheit und Wirksamkeit erscheint eine weitere Evaluation dieses neuen XOI durchaus sinnvoll. (2)        

Quellen:
1   Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 1900
2   ACR Convergence 2021: Poster L05