RÜCKBLICK AUF DEN VIRTUELLEN DGRH-KONGRESS 2021

Deutsche Rheumatologie bricht auf in die Zukunft

Prof. Dr. Andreas Krause

Prof. Dr. Andreas Krause

Trotz erschwerter Bedingungen in Zeiten von COVID-19 können der erneut virtuell bzw. hybrid in Nürnberg ausgetragene, gemeinschaftliche 49. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), die 35. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh) und Wissenschaftliche Herbsttagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR) vom 15.-18. September 2021 mit über 2.500 Teilnehmern als großer Erfolg für die deutsche Rheumatologie verbucht werden. Die Technik funktionierte dank der guten Vorarbeit aller Beteiligten im Wesentlichen gut. Insbesondere der Rheumaakademie und DGRh-Geschäftsstelle sei hier ein großer Dank ausgesprochen! Ein Aufbruch war verspürbar: Der Anteil weiblicher Referentinnen war so hoch wie nie, ebenso vollzieht sich mit den Vorträgen vieler jüngerer Rheumatologinnen und Rheumatologen langsam ein Generationenwechsel. 

Die großen Fortschritte in der Rheumatologie ließen sich bereits an der ersten Plenarsitzung zur ambivalenten Rolle der Makrophagen in der Pathogenese und dem Stoffwechsel von B- und T-Zellen im Kontext eines Verlusts der Selbsttoleranz festmachen – möglich gemacht durch neue Omics-Methoden wie Einzelzell-RNA-Sequenzierung, Ribosomen-Profiling oder die Massenspektrometrie. Der Weg zur Ableitung konkreter Therapieansätze ist aber noch weit.

Eine weitere Plenarsitzung befasste sich mit neuen Therapiekonzepten bei rheumatoider Arthritis, axialer Spondyloarthritis (SpA) und Psoriasis-Arthritis (PsA). Diskutiert wurde nicht zuletzt die Rolle der JAK-Inhibitoren. Bei PsA könnte künftig auch die TYK-2-Inhibition relevant werden, ebenso (wie auch bei SpA) der duale IL-17A/F-Inhibitor Bimekizumab.

Hochkarätig besetzt war die Plenarsitzung zu neuen Therapien bei Kollagenosen. Nachdem Belimumab jetzt auch bei Lupusnephritis (LN) zugelassen ist (Voclosporin dürfte folgen), könnten beim systemischen Lupus erythematodes (SLE) bald auch Anifrolumab und (bei LN) womöglich Obinutuzumab das Therapiespektrum bereichern. Bei therapierefraktärem SLE sorgte zudem die erfolgreiche Durchführung einer CAR-T-Zelltherapie unter Beteiligung des Kongresspräsidenten Prof. Georg Schett für viel Aufsehen. Beim Sjögren-Syndrom ruhen die Hoffnungen derzeit vor allem auf Ianalumab. Bei der systemischen Sklerose (SSc) gibt es eine Reihe neuer Ansätze, von Interesse könnte Romilkimab  sein, während der große Hoffnungsträger Lenabasum in einer Phase-III-Studie enttäuschte.

Ferner gab es interessante WIN-Sessions zu Myositiden und Vaskulitiden. Während bei der Riesenzellarteriitis vor allem neue Daten zur Bildgebung, Tocilizumab und Mavrilimumab diskutiert wurden, ging es bei den ANCA-assoziierten Vaskulitiden um Optionen zur Steroideinsparung und neue Daten zur Remissionserhaltung unter Rituximab.

Spannend waren die beiden „Big debates“ zu den Fragen „Wie würde ich mich selbst behandeln? und „(Neue) Biomarker für die Klinik: ja/nein?“ Nicht zu kurz kamen auch neue Konzepte in der bildgebenden Diagnostik. Breiten Raum nahm die interdisziplinäre Rheumatologie ein mit Themen wie kardiovaskuläre und gastrointestinale Komorbiditäten, Immundefekte, Uveitis, SSc-ILD, Osteoporose, Sarkoidose, Malignome und IgG4-assoziierte Erkrankungen.

Im Bereich Versorgung ging es um den rheumatologischen Nachwuchs (und die Kampagne rheuma2025), Impfen, besondere Situationen im Praxisalltag und digitale Anwendungen. In der orthopädischen Rheumatologie wurden unter anderem das rebellische Gelenk, operative und konservative Strategien sowie Kreuzschmerzen diskutiert, in der pädiatrischen Rheumatologie standen autoinflammatorische Erkrankungen sowie die chronische nicht-bakterielle Osteomyelitis im Fokus. Den krönenden Abschluss bot eine hochrangig besetzte Plenarsitzung zu COVID-19 mit aktuellen Erkenntnissen zu Impfstoffen, Pathophysiologie und Therapie sowie neuen Daten aus dem deutschen COVID-19 Register sowie internationalen Registern.

Auf ein Wiedersehen beim Jubiläumskongress, der 50. DGRh-Jahrestagung vom 31. August – 3. September 2022 – hoffentlich wieder wie gewohnt als Präsenzveranstaltung in Berlin!    


Prof. Dr. med. Andreas Krause
Präsident der Deutschen Gesellschaft
für Rheumatologie e.V.
Immanuel Krankenhaus Berlin
Königstr. 63, 14109 Berlin